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Mit der Komödie «Ganoveparty» führt die Theatergruppe Walchwil ihr insgesamt 61. Stück auf – und begeht dieses Jahr ihren 70. Geburtstag.
Walchwil gehört zu den schönen Fleckchen Erde. Die Zuger Gemeinde mit knapp 4000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt eingebettet am östlichen Ufer des Zugersees am Südhang des Zugerbergs. Oft wird Walchwil wegen Klima und Lage als «Zuger Riviera» oder das «zugerische Nizza» bezeichnet. Dort gedeihen neben Kirschen und Trauben sogar exotische Früchte.
In Walchwil wird auch Theater gespielt. Und das seit exakt 70 Jahren. Die Theatergruppe wurde nach einer Kirchenchorprobe im Gasthaus Sternen 1954 gegründet. 60 Theaterstücke wurden bisher aufgeführt. Mit «Ganoveparty» hat das 61. am Samstag, 9. März seine Premiere.
Markus Hürlimann ist seit 2021 Präsident der Theatergruppe. «Ich bin 2013 aufgenommen worden, kenne den Verein aber natürlich viel länger.» Sein Vater war bereits Präsident der Theatergruppe, Schauspieler und auch Regisseur. «Als Kind war ich schon dabei, als die Theaterstücke noch in der alten Turnhalle aufgeführt wurden. Ich erinnere mich, dass wir in den dicken Vorhängen Verstecken gespielt haben.»
Dass jemand mit dem Namen Hürlimann in der Theatergruppe mitspielt oder sogar das Präsidentenamt bekleidet, ist in Walchwil nicht verwunderlich. Auf search.ch gibt es 113 Telefoneinträge mit Hürlimann in der Gemeinde. Mit Hans Hürlimann war ein Walchwiler von 1973 bis 1982 Bundesrat im Amt des Innenministers und Bundespräsident 1979. Sein Sohn Thomas Hürlimann ist ein bekannter Schweizer Schriftsteller, den es auch wieder nach Walchwil zog. In der Theatergruppe hiessen schon vor Markus fünf andere Präsidenten Hürlimann. Mit Marion Bielmann, die immer noch als Vereinsmitglied und aktive Schauspielerin dabei ist, gab es von 2004 bis 2008 eine Präsidentin.
Ein halbes Jahr nach Gründung im Jahr 1954 führte die Theatergruppe im Hotel Aesch mit «Dr Amerikaner» das erste Stück auf. Die Bühne im Aesch wich später der damals neu gebauten Bühne im heute als «alte Turnhalle» bekannten Gebäude. Schliesslich erfolgte der Wechsel von der Turnhalle in den neuen Gemeindesaal 1989, wo aktuell noch gespielt wird.
In Walchwil gibt es viele Vereine für Freizeitaktivitäten. Einen Jodlerklub, Alphornbläser, die Musikgesellschaft und einen Kirchenchor, einen Fussballverein, einen Tennis- und einen Bike-Club, eine Trachtentanzgruppe, zwei Turn- und den Militärschiessverein. Wo sieht Markus Hürlimann die Bedeutung der Theatergruppe in der Gemeinde? «Ich kann für meine Person antworten. Ich bin Landwirt und habe in der Theatergruppe Kontakt zu anderen Menschen und Themen gefunden.» Er glaubt, dass die Theatergruppe eine verbindende Funktion innerhalb der Gemeinde hat. In Walchwil ist der Anteil von ausländischen Mitbewohnerinnen und -bewohnern hoch. «Bei uns sind auch fremdsprachige Mitglieder willkommen. Auf der Bühne sind Hoch- und Schweizerdeutschkenntnisse Voraussetzung, da wir ja in Dialekt aufführen. Aber wir benötigen ja auch helfende Hände hinter den Kulissen.» Ein Mitglied aus Deutschland spiele aber auch auf der Bühne mit, erklärt Markus Hürlimann. «Dieses Jahr legt er aber gerade eine Künstlerpause ein.»
70 Mitglieder verzeichnet die Theatergruppe Walchwil aktuell. Nur ein kleiner Teil davon spielt auf der Bühne einen schauspielerischen Part im Theaterstück. Es benötigt Leute beim Kulissenbau, die Kulissen müssen bemalt werden, ein Innenarchitekt stellt Bilder her, Techniker sind für Beleuchtung und Geräusche zuständig, es sind helfende Hände beim Schminken und Frisieren gefragt. Ein wichtiger Teil ist auch die Gastronomie, die von der Theatergruppe selber angeboten wird. Deshalb auch der Aufruf von Markus Hürlimann: «Wer aus Walchwil Interesse hat, bei uns mitzuwirken, darf sich gerne melden.»
Schaut man sich die 61 Theaterstücke an, welche im Programm standen oder gerade anstehen, liest man Namen wie «En fideli Tankstell», «Schwester Sherlock», «De Geisterzug» oder «De Elefant im Porzellanlade». Bei einigen Stücken gibt es den Aha-Effekt. Die Komödie «Der verkaufte Grossvater» wurde in Deutschland vom bekannten Schauspieler Willy Millowitsch aufgeführt. Uns noch bekannter ist die Schweizer Version mit Walter Roderer. «Charly's Tante» original von Brandon Thomas aus dem Jahr 1892, wurde unzählige Male verfilmt, unter anderen von Stan Laurel und Oliver Hardy, oder als Musical auf dem Broadway aufgeführt. Im deutschen Raum sind die Verfilmungen mit Heinz Rühmann oder Peter Alexander berühmt. In der Schweiz wird in diesem Jahr die Theaterversion von Hans Gmür wiederaufgeführt, mit Rolf Knie in der Hauptrolle (am 23. März im Lorzensaal Cham).
Die Theatergruppe Walchwil hat Dramen gespielt oder Kriminalstücke. Wie bei vielen anderen Theatervereinen machen aber die Komödien den Grossteil der Auswahl aus. «Komödien kommen beim Publikum am besten an, ernste Themen sind weniger gefragt» erklärt Markus Hürlimann. Das Publikum zum Lachen zu bringen, gehört aber zum schwierigsten überhaupt. «Dieser Gedanke ist mir auch des Öfteren gekommen. Wenn man in den Proben den gleichen Satz schon 100 mal gesagt hat, glaubt man selbst nicht mehr daran, dass die Leute lachen. Aber genau das passiert dann und man wird belohnt für seine Arbeit.»
Gibt es ein Theaterstück, an das man sich in der Theatergruppe besonders zurückerinnert? «Ja, das war das Jubiläumsstück zum 40. Geburtstag 1994, ‹der nackte Wahnsinn›. Das war ein sehr aufwendiges Theaterstück mit moderner Inszenierung, in der der Regisseur während der Aufführung ab und zu auf der Bühne auftauchte. Auf der Bühne wie im Publikum entstand Verwirrung, was denn jetzt zum Stück gehört und was nicht.»
Bei Theateraufführungen läuft auch nicht immer alles glatt. Gleich bei der ersten Aufführung von «Dr Amerikaner» ging ein Unfall glimpflich aus. Die Schauspielenden gelangten über ein Baugerüst durch ein Fenster auf die Bühne. Das Gerüst fiel aber genau dann zusammen, als die Akteure draufstanden. Der damalige Regisseur rief zum Fenster hinaus: «Chömid dur d'Leitere ufe, aber sofort, ihr settid scho dinne si!» Pünktlich und zum Glück unverletzt standen die Schauspielenden auf der Bühne.
Zum 70-Jahre-Jubiläum kommt zwischen dem 9. und 23. März die Dreiakt-Komödie «Ganoveparty» sechsmal zur Aufführung. Am Premierendatum gibt es eine Nachmittags- und eine Abendvorstellung. Die Geschichte: Familie Siegenthaler fährt in die Ferien. Deren Abwesenheit nutzen zwei Velofahrer, die im leerstehenden Haus Schutz vor der Kälte suchen. Der Nachbar und dessen Gattin nutzen die Gunst der Stunde, um sich ausgeliehene Gegenstände zurückzuholen. Das Geld im Tresor der stattlichen Villa lockt Einbrecher an. Die Angestellten von Siegenthalers stiften zusätzlich Unruhe. Dann kehren die Hausbesitzer unerwarteterweise zurück.
Regie führt wie in den letzten Jahren Othmar Müller. Die Theatergruppe hat «Ganoveparty» seit Oktober 2023 eingeübt. Einer der beiden Ganoven im Stück wird von Markus Hürlimann gespielt – aber nicht vom Präsidenten, sondern von seinem Namensvetter. «Ich bin in diesem Jahr nicht als Schauspieler dabei, sondern bin für die Festwirtschaft zuständig. Damit habe ich mehr als genug zu tun.»
Renato Cecchet
Mehr Infos unter: www.theatergruppewalchwil.ch
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